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Michael Grant - Hunger (A Gone Novel)




Das war es nun. Der zweite Teil, der Serie, die mich so in seinen Bann gezogen, mich gefesselt und nicht mehr losgelassen hat. Die Fortsetzung der spannenden Geschichte um Sam Temple, der mit seinen Freunden und Feinden zusammen in einer kleinen Stadt eingeschlossen ist und verrückte Fähigkeiten entwickelt. Hunger.

Ein bisschen beschämt habe ich letzte Woche das Buch beiseite gelegt. Neulich wurde der vierte Teil "Rache" in Deutschland veröffentlicht (der eine besonders freie Übersetzung des englischen Titels "Plague" ist, weil sich das nicht packend genug anhört). Ich brauche zum Lesen dieser Serie faktisch genauso viel Zeit, wie Micheal Grant beim Schreiben. Peinlich.

Gut zu meiner Verteidigung: Es kamen einige Bücher dazwischen. Die Rezensionen der Lektoraneuerscheinungen und ein Arne Dahl, der mich hämisch angrinste, wollten zuerst begutachtet werden. So verharrte mein Lesezeichen für eine gefühlte Ewigkeit auf einer dreistelligen Seitenzahl beginnend auf 2. Es könnte aber auch daran gelegen haben, dass jeder Abschnitt von einem Cliff-Hänger oder Abschlusssatz beendet wird. Das soll höchstwahrscheinlich zum Weiterlesen anregen, aber ich fauler Sack denke mir immer: Och joa, ein treffender Abschluss. Die Spannung hält, der Satz bleibt im Kopf und rundet die hundert Wörter, die ich gerade gelesen hab, gut ab. Morgen weiter.


Zuerst der Hinweis: Ich bin nicht fähig diese Serie zu beurteilen, ohne eine gewaltige Menge an Wendungen auszuplaudern. Ein Kritikpunkt bezieht sich sogar auf das Ende des Buches, quasi den Ausgang der Geschichte. Daher muss ich nicht-spoilerresisstente Menschen darauf hinweisen, dass das Klicken auf die Buttons mit der Aufschrift "Spoiler" die Gefahr bietet, den Spaß an der eventuell an diesen Text anschließenden Lektüre vollkommen zu zerstören
Nicht, dass ich davon ausgehe, dass sich irgendjemand das Buch nur wegen meinem Blogtext kaufen würde. Ich hasse Facebook und Twitter und die damit verbundene Möglichkeit, seine Meinung über irgendwelche Fernsehsendungen der ganzen Welt mitzuteilen. Ganz schrecklich wird es dann, wenn die Kommentare auch noch in eben jenen Sendungen vorgelesen werden. Das interessiert keinen! Seht es endlich ein! Aber ich darf das.

Zur Geschichte:

  -->(klick mich)


Der Anfang ist wirklich gut gemacht, man wird sofort ohne große Einleitung in die Handlung geworfen und versteht die Problematik der zweiten Episode.

Von den anschließenden Hundert Seiten ist bei mir zugegeben nicht viel hängen geblieben. Zuerst wird glaub ich noch ein wenig Schutt aus dem ersten Band weggeräumt, und es geht natürlich um Hunger.

Natürlich es ist konsequent, die Stadt im Hunger versinken zu lassen. Allerdings fand ich es als Leser später recht langweilig von dem zwölften Charakter zu hören, wie krass der Bauch weh tut und wie zermürbend der Hunger ist.
Da fand ich es schon interessanter, auf welche Ideen manche Kinder (die nun nicht mehr zwangsweise von der magischen Altersgrenze 15 ausgesiebt werden) gekommen sind, um sich ein paar Kilokalorien einzuverleiben. Eine Möwe, oder ein Reh halb-roh zu essen... für uns unvorstellbar, aber ich will mir auch nicht anmaßen, dass ich mir vorstellen kann, wie es ist, wenn das Abendessen ausbleibt, geschweige denn nichts Essbares mehr übrig geblieben ist, als das Wasser in dem Würstchenglas. Da finde ich diese heftigen Beispiele für den Kampf ums Überleben viel eindrucksvoller, als den x-ten inneren Monolog eines Charakters.
Was mir ein wenig fehlt ist die Intensivierung. Es beginnt bereits mit dem Todhunger. Da ist keine große Steigerung zu erwarten. Jedoch leben die Jugendlichen ca. 1 Woche weiter und es ändert sich nichts. Da darf meiner Meinung nach schon mal jemand umkippen und abkratzen. So hart es auch erscheint.

Natürlich werden sich jetzt einige Fragen. Der erste Teil ist bei dem Typen so gut weggekommen. Die Einleitung hat schön Böses angekündigt und jetzt macht er das Buch schon zu Beginn runter. Ist Michael Grant schon beim zweiten Teil so in der Versenkung verschwunden, oder hat der da überhaupt keine Ahnung und einen schlechten Tag erwischt, als er die Rezension auf die Tastatur gekotzt hat?
Das Buch ist genial. Keine Frage. Aber meiner Meinung nach ist es langweilig nur zu hören, was alles toll ist. Um das Abzukürzen: Spannung, Charaktere (vor allen Dingen Sam, Astrid, Edilio, Computer Jack und selbstverständlich Albert) genial. Einfach genial.
Schreibstil: Gewohnt amerikanisch einfach. Kurze Sätze, ein wenig Dialog und viel Action. Kann man als platt oder rasant ansehen. Mir gefällt's (nicht grundsätzlich, aber in diesem Fall).

Das Buch gewinnt außerordentlich durch die Idee eines körperlosen Feindes. Darkness ist ein großartiger Einfall.


Kleine Einschränkungen muss ich beim Witz und der Geschichte machen, die ich letztes Mal auch in den Himmel gehoben habe.
  1. Ich hatte ein wenig das Gefühl, als würde die Komik ein Stück weit in den Hintergrund treten; der Spannung weichen. Und nicht, um die triste Situation zu verdeutlichen, sondern einfach so. Das hat mir ein bisschen gefehlt, weil Spannung allein ein bisschen einsam ist. Ein großer Pluspunkt sind die Charaktere und Interaktionen, aber ein wenig ging mir die Situationskomik unter (vielleicht bin ich auch einfach von anderen Autoren umkonditioniert worde).
  2. In dem zweiten Teil passiert massig viel. Mehrere Handlungsstränge und alle zwei Seiten ein neuer Twist. Allerdings ist rückblickend zu wenig davon von erheblicher Wichtigkeit. Vieles hätte auch einfach nicht passieren können. So wechseln einzelne Charaktere immer wieder zwischen den Helden und der Gegenpartei und...

… jetzt komm ich zu meinem Hauptkritikpunkt. Als Leser, der dieses Buch lebt, kann ich mit dem Ausgang der Geschichte nicht klar kommen. Ich kann eigentlich so nicht weiterleben und den dritten Teil beginnen. Ich beantrage die Geschichte nachträglich umzukonzipieren.

Ich fasse mal kurz zusammen: (Ausgang des Buches)

RIESENGROßER SPOILER BIS ZUM NÄCHSTEN ABSATZ (meine Blogskills reichen aber leider nur für einen Button):

Sam wird von Drake mit seinem Schlangenarm fast zu Tode gefoltert, schmeißt kurz ein bisschen Morphin ein und schon kann er halbtot durch die Gegend laufen, sich in eine Höhle abseilen und Kämpfe ausfechten. Entweder sind seine Verletzungen nicht ganz so schlimm, dann darf Grant auch nicht ständig betonen, wie nah er dem Tode ist, oder er sollte sterben.
Edilio wird angeschossen, liegt eine Zeit lang im Wald rum und Dekka braucht die Wunde gar nicht mehr zu pressen, weil er schon so viel Blut verloren hat, dass der Druck nachgelassen hat. Dann wird er noch eben von Kojoten gefressen. Dekka hat sich von ihm schon verabschiedet. Er ist tot. Oder doch nicht?
Gut Dekka wird auch ein wenig von Kojoten angefallen, aber das ist jetzt mal nebensächlich.
Warum kratzt keiner von denen ab? Was soll das, den Leser andauernd ein schreckliches Endzeitszenario zu präsentieren und oh Gott sei Dank hier ist Lana und heilt euch alle, auch wenn ihr, so wie es dem Leser präsentiert wird, schon tot sein müsstet? Dafür lese ich keine sechshundert Seiten, damit unter dem Strich ein dummer Nebencharakter stirbt und der nicht mal wirklich. Naiv, wer Darkness für besiegt und Duck für Tod hällt.

Ich will ein bombastischeres Ende. Ein Feuerwerk. Und zwar ein Echtes, nichts Vorgetäuschtes.

Des Weiteren ist es meiner Meinung nicht vertretbar, den deutschen Lesern eine zensierte Fassung zu verkaufen. Auf meine Anfrage zu Kürzungen im ersten Band antwortete der Ravensburger Buchverlag:

tatsächlich wurden in Absprache mit Michael Grant, der alle Kürzungen persönlich
frei gegeben hat, ein paar Passagen gekürzt. Da war der Leser sehr aufmerksam.
Es handelt sich oft um religiöse Szenen, weil wir die deutschen Leser in
Glaubensfragen natürlich nicht beeinflussen wollen. Es wurden aber auch
langatmige Passagen herausgenommen. Aus unserer Sicht tut das der Geschichte
eher gut. Und Albert hat in den weiteren Bänden noch große Auftritte.

Ich rege mich nur so darüber auf, weil mir die Serie sehr am Herzen liegt. Das muss ich nochmals betonen, nicht, dass ihr das falsch versteht. Ich denke, das Ganze muss man ein wenig so sehen wie eine Jugendbuchreihe wie Harry Potter. Es gibt ein großes Ziel, einen Feind, und in jedem Band ein kleineres Rätsel, was gelöst werden will. Das da Sam nicht auf der Strecke bleiben kann, ist logisch. Vielleicht sag ich auch in fünf Jahren, dass die Geschichte auf gar keinen Fall hätte anders verlaufen dürfen. Ich bin nur kein Freund von Happy Happy Ends, in denen alle Helden mit ein paar Schürfwunden weiterleben können, während alle Antagonisten verbannt werden. Ich denke, vor einigen Jahren, als ich Harry Potter gelesen habe, hätte mich das Ende von Hunger nicht weiter gestört.

Fazit: Ein sehr lesenswerter Nachfolger. Erreicht nicht ganz das Niveau des ersten Bandes, bleibt aber trotzdem ein muss in meinem kleinen Bücherregal. Die zwischenzeitlichen Längen mögen vielleicht wirklich der Englischen Fassung und kleinerer Sprachprobleme geschuldet sein.

Mein Vater meint, man kann die Bücher einfach hintereinander weglesen. Vielleicht liegt meine Leseschwäche einfach an der Sprache. Das gilt es nun in der deutschen Version zu testen. Also Lügen und Rache in den nächsten zwei Monaten ist das Ziel. Stoppt die Zeit!

 

 

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